Haushaltsrede 2023 der FW-Gemeinderatsfraktion

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Skrzypek, Herr Bürgermeister Reitze, meine Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

„Auf Kante genäht“ – So haben Sie, Herr Oberbürgermeister Skrzypek und Sie, Herr Kern Ihren ersten gemeinsamen Haushaltsplan beschrieben. Nach wie vor belastet der unsägliche Krieg in der Ukraine viele Rahmenbedingungen, die nur schwer für die Zukunft einzuschätzen sind. Vor allem in den Bereichen Energiekosten, zukünftige Wirtschaftsentwicklung und der Flüchtlingsproblematik. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen ist unser Haushalt geprägt von der Rekordinvestitionssumme von über 30 Mio. Euro. In unserer Haushaltsklausur haben wir ausführlich darüber diskutiert, was lässt man oder was muss sein. Wirklich viel Einsparungen waren nicht dabei

Einige Stichworte zu den Investitionen: Erwerb Häckerareal, Neubau Feuerwehr Rosswag, Neubau Kindergarten Ensingen und Sanierung Kindergarten Frankstraße und Kornbergkindergarten Enzweihingen, Erwerb und Erschließung von Grundstücken im Baugebiet Leimengrube, Erschließung Fuchsloch 3 um nur die größten Brocken zu nennen. Wobei sich die Kosten für Leimengrube und Fuchsloch 3 die nächsten Jahre hoffentlich amortisieren werden. Dies alles führt zu einem Anstieg der Verschuldung um fast 9 Mio. Euro. Wobei ich infrage stelle, ob alles Geplante in diesem Jahr auch so umgesetzt wird.

Zum Ergebnishaushalt: Es wird mit einer Zunahme der Erträge von 2 Mio. Euro kalkuliert, vor allem bedingt durch steigende Umlagezahlungen und einer höher angesetzten Gewerbesteuer. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig für uns eine weitere Stärkung der heimischen Wirtschaft sein muss, auch durch die Ausweisung neuer Gewerbebauplätze.

Die ordentlichen Aufwendungen steigen jedoch um fast 4 Mio. Euro. Insbesondere die massiv gestiegenen Personalkosten um fast 2,5 Mio. Euro belasten, obwohl bewusst vorsichtig gerechnet wurde. Dabei wissen wir noch nicht, wie die aktuellen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst ausgehen. Viele dieser Personalkosten fallen in den Bereich der wichtigen Kinder- und Jugendarbeit. Neue Kitas brauchen wir, bauen wir ja auch. Um das dafür notwendige Personal zu gewinnen, haben wir noch im letzten Jahr Maßnahmen zur Personalgewinnung und -bindung beschlossen, die auch ordentlich zu Buche schlagen. Angesichts von 80 fehlenden Kitaplätze ist die Schaffung neuer Räumlichkeiten unumgänglich. Ich erinnere an unseren Antrag im Bareselgebiet einen Übergangskindergarten in Containerbauweise zu erstellen. Leider haben wir bis jetzt noch nichts gehört.

Trotz dieser Rahmenbedingungen belassen wir die Steuern und Gebühren auf dem derzeitigen Stand, um die Privathaushalte nicht zusätzlich zu belasten.

Um unser eingangs beschriebenes Investitionsprogramm zu finanzieren, werden wir zum Teil unsere liquiden Mittel einsetzen, die wir in den vorangegangenen guten Jahren aufgebaut haben, und zusätzlich neue Darlehen aufnehmen.

Lassen Sie mich noch einige Gedanken und Anregungen zum Haushaltsplan, der mittelfristigen Finanzplanung und allgemeines zur Situation in Vaihingen vorbringen.

Sehr geehrter Herr Skrzypek, sie sind jetzt fünf Monate im Amt. Sie betonen immer wieder, dass Sie sich noch teilweise in der Findungs- und Orientierungsphase befinden. Dies ist auch nachvollziehbar angesichts der Komplexität der Aufgaben eines Oberbürgermeisters. In Ihrer Haushaltsrede habe ich leider den Funken Optimismus vermisst, den wir alle brauchen, um die Zukunftsaufgaben anzugehen. Wir sind noch handlungsfähig, wir können immer noch viele Dinge angehen und umsetzen. Gerade der Leitbildprozess zeigt uns eine Richtschnur auf. Weitere Ausführungen dazu dann im nächsten Tagesordnungspunkt.

Das oberste Leitbildprojekt Gartenschau wirft schon während der Erstellung des Rahmenplanes Fragen auf. In manchen Ortsteilen beginnt schon jetzt die Debatte „Gartenschau dient doch nur der Kernstadt“ und gleichzeitig sollen die Grundschulen, die Feuerwehr und die Verwaltungsstellen zugemacht oder zusammengelegt werden.

Wir feiern dieses Jahr das 50-jährige Jubiläum der Kreisreform. Daraus ist die große Kreisstadt Vaihingen mit ihren 8 Teilorten entstanden. Natürlich hat sich in der Zeit viel verändert, aber das Selbstverständnis und die Identifikation mit seinem eigenen Stadtteil ist zum Glück nach wie vor vorhanden. Deshalb müssen wir dem Gefühl „abgehängt zu sein“ energisch entgegenwirken. Dazu fordere ich Sie, Herr Skrzypek, eindringlich auf. Wir müssen Lösungen anbieten und nicht die Gerüchteküche weiter brodeln lassen.

Natürlich müssen wir das Thema Ganztagesbetreuung angehen. Dass wir das nicht an der kleinsten Grundschule als Erstes anbieten ist jedem klar. Aber das heißt ja nicht, dass wir deshalb die kleine Grundschule gleich schließen müssen. Aus der Sicht der Freien Wähler entscheiden das die Eltern mit den Füßen. Vielleicht ist in den kleineren Ortsteilen der Familienverbund mit Oma und Opa noch ausgeprägter wie in den größeren Stadtteilen. Für uns gilt nach wie vor das Motto „kurze Beine-kurze Wege“. Daran wollen wir festhalten, solange es die Situation und das Schulamt zulässt. Gespräche zwischen Elternschaft, Stadt, Schule und Schulamt sind dringend und zeitnah angeraten.

Besonders für Riet müssen wir in Bezug auf die Halle zeitnah eine Lösung finden. Es ist keine Option selbst im mittelfristigen Bereich keine Lösung für die Hallensanierung aufzuzeigen. Wir müssen hier schnell gemeinsam mit der Bürgerschaft von Riet Lösungen entwickeln und deshalb eventuell andere Projekt zurückstellen.

Gleiches den Feuerwehrgebäuden, die den heutigen Vorschriften nicht mehr genügen. Hier muss gemeinsam mit der Feuerwehr nach Lösungen gesucht werden. Nichts ist schädlicher als eine lange vor sich hin brodelnde Gerüchteküche. Da sehe ich Sie als Oberbürgermeister in der Pflicht dies zeitnah anzugehen.

Ich weiß, jetzt kommt das Argument von fehlenden Finanzmitteln. Sehe ich genauso, aber hier müssen wir in Zukunft pragmatische Lösungen suchen und vielleicht auch mal neue Wege einschlagen.

Müssen wir jeden Kindergarten selbst bauen? Findet man vielleicht einen Bauträger und wir gehen in Miete?

Auch der von Ihnen in Ihrer Haushaltsrede angesprochene Sanierungsstau wird zum Problem, wenn wir ihn auf die schwäbische Art lösen. Immer alles gleich richtig machen. Wenn man schon dran ist, dann macht man halt dieses und jenes auch gleich mit. Das werden wir so nie hinbekommen. Renovieren und Sanieren von den Dingen, die unabdingbar sind und uns vielleicht auch von liebgewonnen Standards trennen.

Sich vielleicht auch mal von der ein oder anderen Immobilie trennen. Finden wir zum Beispiel für das Haus Kern eine privatwirtschaftliche Lösungen? Allerdings müsste die Nutzung ganz klar vertraglich geregelt werden.

Gartenschau: Wir haben der Rahmenplanung so zugestimmt, allerdings gilt es in der weiteren Bearbeitung darauf zu achten, dass wir uns nicht in vielerlei Wünschen und Wunschvorstellungen verzetteln. Es handelt sich letztendlich um eine kleine Gartenschau. Das heißt für mich sich einschränken, Prioritäten setzen und uns auch einen Kostenrahmen vorgeben. Ein positiver Klotz am Bein ist das Häckerareal. Hier gilt es darauf zu achten, dass wir neben dem Mehrwert für die Stadtentwicklung vielleicht auf lange Sicht auch einen finanziellen Mehrwert daraus erwirtschaften, indem wir einzelne Flächen dem Markt zuführen.

Bezahlbarer Wohnraum: Gerade im Baugebiet Leimengrube wollen wir bezahlbaren Wohnraum schaffen. Wir brauchen Bauträger, die dies auch umsetzen wollen, neben Wohnbaugenossenschaft gibt es ja seit letztem Jahr die Wohnbauoffensive des Landkreises, speziell für bezahlbaren Wohnbau. Hier die Bitte, sich mit diesem neuen Akteur zusammensetzen.

Themen wie Klimaschutz, Energiewende, Digitalisierung Mobilität werden alle im Leitbildprozess angesprochen da diese Themen unsere Zukunft massiv beeinflussen werden. Aber hier gilt: Wir müssen in Vaihingen das Rad nicht neu erfinden. Es gibt für alle diese Bereiche schon gute Beispiele und Netzwerke, die man auch getrost nutzen kann. Allerdings gilt, dass wir in Zukunft schneller, effizienter und auch entschlussfreudiger werden.

Städtischer Versorgungsbetrieb: Sehr geehrter Herr Skryzpek, Sie haben in Ihrer Haushaltsrede das Thema Klimawandel sehr intensiv angesprochen. Da bin ich voll bei Ihnen. Wir als Kommune müssen schauen, wie wir in Zukunft unter anderem unsere Wasserversorgung sicherstellen. Die Konzeption liegt vor. Jetzt liegt es an uns, sie nach und nach umzusetzen. Dabei gehört zur Wahrheit aber auch, den Bürgern zu sagen, dass der Wasserpreis so nicht zu halten ist. Wir reden hier von einer Investitionssumme in den nächsten Jahren von 30 Mio. Euro und dies bei einem schon jetzt vorhanden Schuldenstand von 28 Mio. Euro. Daran sind nicht nur unsere Investitionen in eine gesicherte Versorgung Schuld, nein auch der Bezugspreis von Bodenseewasser ist deutlich teurer geworden und wird auch in Zukunft steigen. Wasser wird in Zukunft ein wertvolles Gut, mit dem jeder verantwortungsvoll umgehen muss.

Viele Punkte bewegen uns noch, die es jetzt nicht reicht anzusprechen. Aber wir alle müssen in Zukunft eng zusammen arbeiten, alle Optionen ausloten, um für unsere Gesellschaft angesichts knapper Kassen das bestmögliche zu erreichen.

Haushaltskonsolidierung haben Sie, Herr Skrzypek und Sie, Herr Kern eingefordert. Die Freien Wähler werden Sie darin unterstützen. Wir sehen es als Verpflichtung den nachfolgenden Generationen eine handlungsfähige Stadt zu hinterlassen. Wohl wissend, dass manche Entscheidung in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen werden. Trotz den schwierigen Rahmenbedingungen sehen wir mit Optimismus in die Zukunft. Wenn alle gemeinsam, Verwaltung, Gemeinderat und Bevölkerung, an einem Strang ziehen, eigene Befindlichkeiten und Wünsche etwas zurückstellen, dann geht in Zukunft noch was.

Eigenbetrieb Sozialstation: Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unserer Sozialstation, die gerade während der Pandemie hervorragende Arbeit geleistet hat. Auch die finanzielle Situation ist gut, so dass sie den städtischen Haushalt nicht belastet

In diesen Dank möchte ich auch all unsere Rettungs- und Hilfskräfte, die sogenannte Blaulichtfraktion einschließen, die überwiegend im Ehrenamt für unser aller Sicherheit Ihre Freizeit opfern.

Genauso möchte ich allen Ehrenamtlichen in Vereinen, Kirchen und sonstigen Organisationen danken, die einen wertvollen Beitrag für ein funktionieren unserer Gesellschaft gewährleisten.

Ebenso noch einen herzlichen Dank an Sie, Herr Kern und Ihrem gesamten Team für die Erstellung des Haushaltsplanes und für das ein oder andere deutliche und mahnende Wort.

Die Freien Wählern stimmen der Haushaltssatzung mit Haushaltsplan 2023 sowie dem Wirtschaftsplan des städtischen Versorgungsbetriebes und der Sozialstation Vaihingen an der Enz zu.

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